24.02.2020, 06:20
Reckingen: 50 Jahre Bächital-Lawine
Vor 50 Jahren riss die Bächital-Lawine in Reckingen 30 Menschen in den Tod.
Bildquelle: Keystone sda
50 Jahre sind seit der verheerenden Bächital-Lawine vergangen.Für viele Betroffene scheint kaum Zeit vergangen zu sein. Die Erinnerungen bleiben präsent.

"Für mich sind nicht 50 Jahre vergangen. Es scheint mir, das Unglück sei gestern erst geschehen." Mit diesen Worten beginnt Eugen Walpen, ein Überlebender der Katastrophe vor 50 Jahren, seine Erinnerungen zu schildern. "Das Erlebte, diese Bilder werde ich mit ins Grab nehmen." Ein kleines Loch zum Atmen - sonst nichts. Zwei Stunden lag er im Schnee vergraben. Walpen hörte lediglich Schritte oben auf der Schneedecke. "Ich begann zu schreien." Eugen Walpen blieb nur sein Pyjama. Die Katastrophe veränderte sein Leben. "Wenn es schneit, kehren all diese Gedanken zurück." Nach dem Tod seiner Mutter, sein Vater war bereits früher verstorben, zog Eugen Walpen zu seiner Grossmutter. "Ich war zehn Jahre alt. Ich konnte mich von meinen verstorbenen Angehörigen nicht verabschieden. Ich habe sie nicht mehr gesehen."Heute - 50 Jahre später - ist der Schmerz immer noch da. "Verbittert bin ich nicht. Es war eine harte Zeit", so Walpen. "Ab und zu hadere ich mit dem Schicksal." 

"Eine Frau hat noch in ihrem Bett gelegen. Verschüttet von den Schneemassen. Ganz so als würde sie schlafen", erinnert sich Gregor Guntern. Der damals 32-jährige half bei der Suche nach Überlebenden. Die Organisation in den ersten Minuten nach dem Unglück war schwierig. "Wir haben eine Rettungsstation gebildet. Doch uns fehlte das Material. Mit gewöhnlichen Schneeschaufeln konnten wir nicht viel anrichten. Der Schnee war hart wie Beton. Stundenlang haben wir Betten freigeschaufelt und irrten über den Lawinenkegel." 40 Minuten nach dem Lawinenniedergang kamen die ersten "externen" Helfer. 950 militärische und zivile Helfer, 13 Lawinenhunde, 14 schwere Baumaschinen und drei Helikopter waren im Einsatz. "Bis der gesamte Lawinenkegel umgegraben war, dauerte es vier Tage." Aufgebahrt wurden die Verschütteten damals im Gemeindesaal. "Öffentlich wurde nicht viel darüber gesprochen. Jeder hat es mit sich selbst ausgemacht. War mit seinen Gedanken alleine", so Guntern.

"Geradezu unwirklich wirkte die Szenerie auf dem riesigen Lawinenkegel - als wärs ein Horrorfilm und nicht die grauenhafte Realität." Mit diesen Worten beschreibt der damals 21-jährige Journalist Luzius Theler die Situation vor Ort. Mit dem Schneewerfer gelangten er und Fotograf Armin Karlen damals von Fiesch nach Reckingen. "Auf dem Bahnhof in Reckingen war die Uhr um Schlag fünf nach fünf stehen geblieben. Dem genauen Zeitpunkt des Lawinenniedergangs", so Theler.

Am Montag - zum 50. Jahrestag - findet in Reckingen eine Gedenkfeier statt./ip